Las Vegas? Ja, kenn‘ ich. Bin ich mal mit dem Rennrad hingefahren ;-) So oder ähnlich stellt sich der Chronist künftige Small Talks zu dem Thema vor. Er hat es sich hart erkämpfen müssen. Aber am Ende war es einfacher als gedacht.
Er hat vor fünf Uhr früh das Casino in Mesquite verlassen. Im Saal waren noch immer oder schon wieder Leute am spielen. Die Luft war warm, es war noch dunkel. Das erste Mal in seiner Reisegeschichte machte er sich Musik am Lenker an, Radio Pittsburgh. Die Interstate 15 lief perfekt. Brandneuer Asphaltfeinbeton, eine Oberfläche, die ihn fast einhundertdreißig Kilometer begleiten sollte. Ein Qualitätsbegriff, den sich jedes Mitglied eines Kommunalparlamentes einhämmern sollte, wenn es um die Ausstattung von Radwegen geht. Nichts darunter akzeptieren.
Früh los, genau die richtige Entscheidung
Auch wenn die Temperatur noch erträglich war, macht dem Chronisten die geringe Luftfeuchtigkeit zu schaffen. Sechs Prozent ist nichts. Er müsste außer trinken sich ständig Feuchtigkeitscreme zuführen. Dummes Zeug. Durch ihr Schattenspiel in dieser zerklüfteten Landoberfläche lieferte die Sonne einen zwar kurzen aber spektakulären Auftritt.
Die Shoulder war wegen der hohen Geschwindigkeiten zwar sauber, aber der Dreck liegt einfach fünf Meter daneben im Schotter.
Keine Abwechslung, elende Aussicht, weil sie so weit reicht
Es gab zwei Service-Stationen auf der Strecke, die die größte Not linderten. Und es gab rätselhafte Hinweise auf der Strecke.
Sonst gab es wenig Unterhaltung
Zwischendurch sah er Draht in der vertrockneten Landschaft: Hochspannungsleitungen, die den Strom riesiger Solarparks abführen.
Sah eher wie ein See aus, Solarpark
Nach der letzten Auftankmöglichkeit standen noch achtunddreißig Kilometer auf der to-do-Liste. Der Chronist bekam lange Zähne. Aber am Ende, wie so oft, war es zu ertragen. Erstens ging es ab Kilometer einhundert bergab und es tauchte die Silhouette der Stadt auf, die ihn magnetisch einsaugte. Die verschlungenen Hochstraßen und die vielen Ab- und Auffahrten bei reichlich Verkehr sorgten noch mal für Bluthochdruck, aber dann stand er vor der Tür: Atomic Style Lounge. Er wollte ja zum Friseur. Gegen ihn war diese weltweite Übereinkunft aller Friseure: Sonntags sowieso und besonders Montags haben wir zu!
Man kann nicht alles haben.
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Zu. Trotz, dass es verlockend aussah, dafür wird er nicht noch mal herkommen.
Es ist vieles Atomic in dieser Gegend, in die ihn die Friseuradresse geführt hat und zack war der Ausgleich da. Er fühlt sich für einen Ankommerdrink eingeladen von der Brauereiwirtschaft ABLE BAKER. Able und Baker waren die Codenamen für die beiden ersten Atombombenversuche um die Ecke. Und so war nicht nur der Friseur atomic, sondern vieles an dieser Straße, wie auch die beliebte Biersorte Atomic Duck.
Eine Ente soll nach einer der Explosionen unversehrt in die Stadt gewackelt sein: die Atomic Duck
Weil er ohnehin heute hier heimatlos bleiben wird, ließ er sich an diesem Hochtisch nieder, um den Bericht weiter zu schreiben und bei dieser Gelegenheit seine Interviews zu führen.
Cashmere und Ronald beeindruckten ihn mit einer Kleinigkeit: Sie beteten vor dem Essen
Die beiden waren für längere Zeit liebenswürdige Nachbarn, obwohl der Chronist nichts von ihrer Unterhaltung aufgeschnappt hat. Wollte er auch nicht. Cashmere lebt hier und arbeitet als Marketingfrau, Ronald ist Coach. Beide sind für 0-0-100.
Irgendwie heikel wird es, als sich ein Pärchen aus Virginia gegenüber niederließ. Sandy und Grover. Was der Chronist ungefähr verstand, war, dass Sandy die Vereinnahmung Jesus`, die unabhängig von des Chronisten Idee, scheinbar besonders durch Mr. Trump geschieht, nicht gefällt. Sie zeigte ihm einen aktuellen Facebookpost, den er hier der Vollständigkeit halber einfügt.
Bei uns eher weniger bekannt: Die Einbeziehung von Religion in diesen Wahlkampf
Sandy gab auch keine Zahlen, ihr Mann war da eher hemdsärmelig und lieferte eine völlig neue Variante.
Grover: 0-0-5
Der Chronist als Hans im Glück. Er wird nicht in Las Vegas übernachten. Um viertel vor Zwölf heute nacht geht sein Bus nach Tracy, dem letzten Etappenstart. In Los Angeles muss er umsteigen. Es stinkt ihm schon am Kopf unordentlich weiter zu müssen. Was ihm ganz zuwider ist, ist verschwitzt, versalzt und dreckig vierzehn Stunden im Bus zu sitzen. Also ist seine Idee in den großen Hotels nach Poolbenutzung zu fragen. Je größer und je feiner, je großzügiger ist man meistens. Dreimal schickt man ihn weg, auch im Westgate.
Durfte nicht in seinen Pool
Eine unscheinbare kleine Collegeschülerin hinter dem Servicedesk des riesigen Conrad Resort, zu der der Chronist unter Umgehung der Schlange am Check-in gegangen ist, zog ungerührt zwei Magnetkarten unter dem Tisch hervor, schrieb Pool drauf und gab sie ihm.
Hans im Glück
Sein Rennrad gab er Juan in Aufbewahrung und jetzt sitzt er, sein Glück kaum fassend, geduscht und entspannt auf der Poolliege. So viel Handtücher, wie der Poolservice ihm geben wollte konnte er gar nicht naß machen. Übrigens, er sieht albern aus. Die gnadenlose Sonne hat ihm die Beine und Arme geschwärzt. Er sieht aus, als ob er im Vierfüßlerstand in Zartbitterschokolade gebadet hätte.
Hoch über ihm an der riesigen Hotelfront läuft eine gigantische, digitale Bilderschau. Der Pool macht um acht zu. Vielleicht die Bar am Infinitypool nicht, die mit dem Blick auf den güldenen Trumptower. Doch macht sie!
Dank an Paris H.
Weil die Bar im 66. Stock noch durch eine Privatfeier blockiert ist, schlendert der Chronist durch das gigantische Erdgeschoss.
Halb besoffen von Glitzer
Am Ende hat es noch fûr eine Bloody Mary im 66. gelangt. Nach Vorlage des Ausweises. Der Chronist war dankbar und hat es ziemlich genossen.
Über den Dächern der Stadt
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