Hallo, der Chronist sitzt in einem der Kompressorsäle der USA, also in einem schlecht isolierten großzügigen Motelzimmer, dessen Klimaanlage für erträgliche Temperaturen ein ziemliches Getöse verursacht. Man lebt ja vom Unterschied sagt Freund Uli, also nimmt es der Chronist gelassen, dass die Mehrfarbigkeit der Türrahmen nicht gewollt, sondern abgeblätterter Farbe geschuldet ist und auch die Restpfütze in der Badewanne ruht in Gelassenheit. Dafür konnte er mal vor dem Zimmer sein Rennrad in Position bringen. Da, wo in den Filmen immer die eleganten bis vergurkten Autos abgestellt werden.
Für schmalen Taler in Ordnung
Der Chronist ist in Fort Morgan angekommen, einer weiteren Kleinstadt im mittleren Westen der USA. Sein Startort für morgen, für Denver. Mal sehen, was der Clan so macht. Er hat zum zweiten Mal in kurzer Zeit eine Stunde gewonnen. Das, was zu Hause als Umstellung zur Sommerzeit regelmäßig bejammert wird.
Und er ist jetzt in Colorado, das ihm bisher nur in Lakritzform ein Begriff war. Wenn Nebraska baumlos und platt war ist Colorado zwar auch baumlos, aber keinesfalls platt. Eine riesige, eiszeitlich sanft gewellte Landschaft aus sandigem Boden, der mit gewaltigen Beregnungsapparaten landwirtschaftlich genutzt wird. Weil der Mais noch klein ist, sind die höchsten Pflanzen Salbeibüsche, die sich mit ihren weißlich hellgrünen Blättern aus der kargen Graswelt hervorheben. Völlig schwarze Rinder stehen als einzelne Tupfen in diesem beeindruckenden Bild.
Der Chronist ist von der Landschaft so fasziniert, dass er erst gar keine Lust hat sich, mit der freundlichsten Busfahrerin bisher, zu unterhalten. Kati, sie hat ihn mit einem Lachen in North Platte begrüßt, hat über das Rennrad gesagt, dass sie sowas normalerweise nicht mitnimmt, aber heute hätte sie Platz. Der Chronist hatte wieder für Verpackung des Hinterteils gesorgt und hielt ihre Bemerkung eher für einen Scherz. Kati fährt für eine dem Chronisten bisher unbekannte Gesellschaft. In dem fast neuen Fahrzeug sitzen nur vier weitere Fahrgäste. Schließlich setzt sich der Chronist nach vorne auf die Stufe zum Fahrerbereich, den Hintern hinter der weißen Linie, die Füße davor und den besten Blick nach vorn. Kati findet das in Ordnung. Rechts neben ihm sitzt eine Schwarze mit unvollständiger Frontverzahnung, die von Kati immer mit Nurse angeredet wird.
Das Gespräch verebbt, als der Chronist mit seiner Frage herausrückt und Kati kategorisch darauf verweist, dass sie nach Unternehmensvorgaben nicht über Politik, Religion und Sex reden darf. Es kostet sie ihren Job. Ok. Man bleibt sich trotzdem gewogen!
Kati, zwanzig Jahre auf Bussen
Der Chronist möchte hier gerne noch etwas nachtragen. Er hat in dieser sorgsam gestalteten Unterkunft in North Platte bestens geschlafen und sie flößte ihm darüber hinaus irgendwie auch Ruhe ein. Oder so langsam wird der Chronist auf dieser Tour sowieso gelassener. Er hatte ja noch Zeit, und für diese hatte er sich in Google maps eine Ortserkundung gebastelt. Denn das hatte er in Wikipedia gelesen: North Platte hat den weltgrößten Rangierbahnhof, betrieben von Union Pacific. Um den überblicken zu können, hat man extra einen Tower gebaut, den Golden Spike Tower. Golden Spike war der vergoldete Nagel, mit dem man im neunzehnten Jahrhundert einen berühmten Lückenschluss des Gleises beendete.
Sowas kann man nur in einer Gegend wie hier bauen; sorry für das unergiebige Foto; das Gelbe im Vordergrund und links im Bild sind nur Lokomotiven, an die hundert
Unten im Andenkenladen traf der Chronist Kundschaft, Cheryl and Barry, die im Gegenzug für seine Story eine Anwort lieferten: 5-5-90. Chery legte vor und Barry murmelte, dass das so in etwa auch seine Meinung sei. Vielleicht nicht ganz.
Cheryl und Barry machen einen Ausflug nach North Platte; sie wohnen 120 Meilen weiter nördlich
Auf dem Weg lag noch ein Eisenbahnmuseum, das eigentlich nur aus zwei Objekten und einem Bahnwärterhäuschen bestand, es aber insgesamt in sich hatte.
Der Chronist war außerordentlich dankbar für diesen Zufall und für die freundlichen Erläuterungen des Wärters; sie waren allein auf dieser schönen Anlage.
Monster aus Stahl
An dieser Stelle macht der Chronist auch mal einen Versuch etwas mehr Eindruck zu liefern, wo er gerade ist. Und diese Kleinstadt North Platte, die sich so erbärmlich schwer erobern ließ, hat es ihm irgendwie angetan. Was man in Wikipedia sonst eher nicht zu Orten findet, las er hier: Angaben zum Durchschnittseinkommen. Und das liegt in dieser Stadt salopp gemittelt bei 30000 Dollar im Jahr. Wissend, dass ein Arzt in einer amerikanischen Großstadt das zehnfache verdient, überkommt ihn eine gewisse Ratlosigkeit.
Er hat vom Rennrad aus auch noch Videos gemacht und das Backoffice kann sie hoffentlich einbinden.
Schon mal an dieser Stelle vorweg, das Backoffice hat morgen vormittag (MEZ) geschlossen und wird später liefern. Bis denne.
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