Das Leben ist schön. Besonders wenn man geduscht hat, in einem schönen, geräumigen Hotelzimmer unter weißen Laken liegt und nebendran ein Heißgetränk steht. Am Bild könnt ihr erahnen, was der Chronist meint. Er will nicht angeben, nur darstellen, was seine (bezahlbaren) Möhren sind, die ihn auch mal Unbill aushalten lassen. Und davon gab es heute einiges. Der Chronist hat den ganzen Tag gekurbelt und muss nacherzählen. Und vorweg: Es gab keine überschüssige Zeit. Alles passte nahtlos ineinander.
Einfach schön; Suchbild mit Rennradfahrer im Badezimmer
Präsidententechnisch lief es interessant aber er will erst die Streckenbeschreibung abliefern. Direkt von seiner Bettenburg musste er auf die Autobahn. Nach seiner Einschätzung ein Highway, die höchste Kategorie Interstate ist kreuzungsfrei und das war Nr. 119 nicht. Natürlich ist reichlich Verkehr auf diesen Großstadt nahen Verbindungen. Das ist der Chronist gewohnt. Was er nicht so sehr gewohnt ist, ist die räumliche Einteilung. In Nordamerika fährt man nicht auf der Fahrbahn, sondern auf der Shoulder. Meist ein ziemlich breiter Streifen neben der weißen Markierung. In Fahrbahnnähe ist dann ein Rüttelstreifen gefräst, der die Träumer unter den Fahrern wieder auf Strecke bringen soll.
Auf dem Rüttelstreifen schlägt der Radlenker wie ein Maschinengewehr
Also ist der Streifen rechts neben dem Rüttelstreifen eher eine Sammelstelle für Schottersteine, Müll, Tierkadaver, Schrauben, Auspuffreste und Ladungsteile. Deswegen hält sich der Chronist gerne in diesem halbwegs sauberen, aber ziemlich schmalen Streifen zwischen weißer Linie und Rüttler auf. Geht auch ganz gut, nur muss man drauf achten, dass manchmal die Arbeitsfuge neben dem weißen Streifen schlecht oder gar nicht ausgefüllt ist und dann gerne den schmalen Rennradreifen wie eine italienische Erdbebenspalte einsaugt.
So, das war jetzt etwas viel Detail, beschäftigte den Chronisten aber die ganzen 100 km. Vrooom, der Verkehr, das ist schon eine Zumutung, weswegen der Chronist so etwas auch nur allein machen kann. So richtig stört er ihn nicht. Er ist ja nicht allein auf der Welt. Und stellt auch fest, dass die meisten Fahrer, besonders die großen LKW ziemlich rücksichtsvoll, fast in britischer Höflichkeit ausweichen. Nicht alle. Tröstlich ist, dass nicht viel mehr als 100 km/h gefahren werden darf, was allerdings bei den großen roadtrain ähnlichen Lastwagen schon ziemlich Getöse verursacht, besonders, wenn sie dann noch die Motorbremse benutzen.
Auf der Autobahn durch Hügelland
Weil die Fahrbahn meist aus Beton ist, hat sie so ein bisschen den Charakter von der alten Reichsautobahn: Toktok-Toktok-Toktok. Es ist ordentlich umzu. Es stehen Häuser mit direkter Zufahrt neben der Trasse. Ihre riesigen Rasenflächen ums Haus sind bis an den Straßenrand perfekt gemäht. Man lässt nicht, wie im Westen, unbrauchbaren Hausrat oder Fahrzeuge einfach auf dem Grundstück stehen und von der Natur überwuchern.
Es liegen ziemlich viel Kadaver auf der Fahrbahn, flattened fauna. Man ahnt manchmal gar nicht mehr, was da nun platt ist. Am Zahnschema kann man sagen: Raub- oder Nagetier, an der Hülle, ob Vogel oder Vierbeiner. Weil sie so unkenntlich platt sind, ist damit auch das Mitleid verschwunden. Was ganz anders ist bei großen Tieren, wie Hirsche, die meist noch ziemlich ganz sind und wohl auch weggeräumt werden, bevor sie ganz platt sind.
Zum Glück nur ein Polyester
Es hatte der Chronist ja einen Mordsrespekt vor diesem Abschnitt wegen der Länge und den angezeigten 1600 Höhenmetern. Aber das löste sich irgendwie in Wohlgefallen auf, obwohl er sogar noch Gegenwind hatte. Entweder war der zu lau oder die Luft hier ist dünner, er störte jedenfalls nicht sonderlich und auch das bergauf-bergab verlief eher zutsche. Das ist ja das Besondere in Nordamerika, dass die Straßen einen zügigen Grundriss haben und man sich bergab einfach auf den Lenker legt und laufen lassen kann. Dennoch wird dieses ständige auf und ab dem Chronisten den Schnitt verderben. Da sorgt schon die Physik mit dem Quadrat im Widerstand für.
Und so lief es leidlich gut. Die Sonne wärmte ihn von hinten in der schwarzen Radhose den Porridge und das Rührei vom Frühstück noch mal durch. Das Scott knisterte leichtfüßig dahin und an dieser Stelle muss er sich ordentlich bei Freund Uli bedanken, der noch mal Technik und Bremsen gescheckt und hinten einen robusteren Reifen draufgemacht hat. Danke dafür.
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Das hat ihn jedoch nicht davor bewahrt, zweimal einen Plattfuß zu bekommen, vorzugsweise hinten. Einmal perfekt mit Sitzbank vor einem Selfstorage und zwei charmanten Schwarzen drinnen. Die eine meinte, wer mir denn das besorgt hätte. Der Chronist zeigte nach oben. Sie antwortet, ja, da wollte jemand, dass du eine Pause machst. Die war am Ende dann vergnüglich und erfolgreich. Nicht erfolgreich waren des Chronisten Flickkünste, weil nach ein paar Kilometern der Reifen wieder platt war. Diesmal im Gebüsch. Er hat es schließlich hinbekommen.
Muss auch mal sein, Ordnung halten im hohen Gras
Bevor er die ehemalige Stahlmetropole und Sportstadt Pittsburgh erobern konnte, handelte er sich noch einen, seiner Meinung nach ungerechtfertigten Verweis ein. Ein Pickup der Parkverwaltung hielt neben ihm und der schwarze Fahrer erklärte ziemlich aufgebracht: You can‘t cycle on a highway. Er kann schon und darf auch nach Lage des Internets, wollte jetzt aber seine Gastgeber nicht provozieren. Google Maps hatte eine Alternative und lieferte ihn in einer sauberen, interessanten und irgendwie schönen und ruhigen Stadt ab.
Einmal fragen brachte ihm zum Marketsquare. Der hatte ein lebendiges Restaurant. Es gab gutes Essen, er traute sich zwei Bier der Marke Yuengling, was die Laune noch mal steigerte und fand dann schließlich den Weg in dieses schöne Bett. Allerdings erst nach dem er den Schlauch im Waschbecken erneut geflickt hatte.
Was lief präsidentschaftsmäßig? Im Inn war nicht viel los beim Frühstück. Die ältere, schweratmige Dame am Nachbartisch ließ sich nicht so richtig auf die Idee ein, war auch noch ziemlich beschädigt wegen einer Operation. Sie mag Mr. Trump nicht, ihr Mann schon, der allerdings so langsam seine Meinung ändere.
Völlig anders verlief die Mittagspause. Der Chronist hatte an einer Ampel ein Restaurant gesehen und war regelrecht begeistert von dem Laden. Ein allerbestes Beispiel, dass es abseits der Ketten auch gute Läden gibt. Er bestellte sich eine Cola, die erstmal gut tut. Christa, die Bedienung, stellte ihm nicht nur die Cola hin, sondern auch Wasser und eine Schüssel selbstgemachte Kartoffelchips.
Der Cesarsalat dazu kostete genauso viel, wie der grüne Plastiktee in der Met
Der Chronist fasste sich ein Herz und fragte Bryan, den Chef des Ladens.
Bryan und Christa, Jesus kommt an erster Stelle mit unbedingt 100, und Trump soll Präsident werden
Bryan wünscht ihm von ganzem Herzen eine gute Reise. Beim Bezahlen fragt der Chronist schnell noch Christa, der Serviererin. Jesus muss nicht gewählt werden. Er ist sowieso da. Sie wünscht sich Trump. Spritpreise von um vier Dollar und Milch um sechs Dollar die Gallone ist für viele Menschen ein Problem. Und Mr. Trump hätte sich sehr darum gekümmert. Und so verlässt der Chronist ein Geschäft, das mit Herzblut diszipliniert und professionell betrieben, für die meist älteren Menschen dieser ländlichen Gegend ein Anlaufpunkt ist und sie mit bezahlbarem Essen versorgt. Die Betreiber werden Mr. Trump wählen.
Eine ganz neue Mischung liefert Tioni, eine der beiden Damen vom Selfstorage, 2-5-93.
Tioni 2-05-93, wünscht dem Chronisten auch eine gute Reise
Gute Nacht zusammen. Morgen ist wieder Transittag im Greyhound. Diesmal mit umsteigen. Schaun wir mal.
100 km auf diesem schmalen Streifen?! Detlef, ich bewundere dich immer mehr...Und wie man sieht, erreichst Du langsam die Mitte Amerikas...die Zahlen kippen...
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